Der Verlauf der Jagsttalbahn

Eine Reise von Möckmühl nach Dörzbach

Titelbild: Ulrich und Gerald Gunzenhäuser, 1975 

Die Strecke der Jagsttalbahn hatte eine Länge von 39,1 Kilometern und führte, wie der Name nahelegt, durch das malerische Jagsttal von Möckmühl bis Dörzbach. Da die Strecke immer dem Tal des Flusses folgt waren keine ernsthaften Steigungen nötig. So ist das steilste Stück mit einem Neigungsverhältnis von 1:100 nur lediglich 70 m lang. Auch werden, um viele Kunstbauten zu vermeiden, fast alle Talwindungen ausgefahren. Der kleinste Kurvenradius mit 80 m befand sich in der Bahnhofsausfahrt Möckmühl.
Eine nicht sichtbare Besonderheit war, dass insgesamt sechs Mal die Grenze zwischen dem damaligen Großherzogtum Baden und dem Königreich Württemberg überquert wurde.

Bf. Möckmühl (km 0,0)

In Möckmühl beginnt die Jagsttalbahn und schließt dort an die normalspurige von Stuttgart nach Würzburg führende Frankenbahn an. Aufgrund der anderen Spurweite und um Güter nicht immer umladen zu müssen, wurden Regelspurwagen auf sogenannte Rollböcke gestellt und konnten somit auf der Schmalspurbahn bewegt werden. Hierfür war eine Rollbockgrube, sowie umfangreiche Gleisanlagen vorhanden.

Lok 99 633 steht am 21.05.1981 mit einem Museumszug am Möckmühler “Bahnsteig” zur Abfahrt bereit.

Bereits beim Bahnhbau wurde ein einständiger kleiner Lokschuppen errichtet. Zwar riss man diesen Mitte der fünfziger Jahre ab, aber 1970 wurde ein ähnlicher Schuppen an selber Stelle durch die DGEG wieder aufgebaut. 1982/83 wurde sogar noch ein zweiter Lokschuppen neben dem Ersten errichtet. Die zwei Gebäude sind heute das Letzte was in Möckmühl noch an die Schmalspurbahn erinnert.

Sämtliche Bahnanlagen auf Möckmühler Gebiet wurden leider 1997 abgebaut und bis kurz vor Widdern ein Radweg auf der Trasse errichtet.

 

Die Möckmühler Brücken

Direkt nach der Bahnhofsausfahrt befand sich die 24 Meter lange Seckachbrücke. Auf dem Bild wird diese gerade von der Lok “Helene” aus dem Möckmühler Bahnhof kommend überqueert.

Ungefär 150 Meter weiter folgte die mit 90 Metern längste Brücke, auf der gesamten Strecke, über die Jagst.
Am 22.11.1985 befährt ein Rollbockzug die Brücke auf dem Weg in den Möckmühler Bahnhof.

Bedauerlicherweise wurden beide Möckmühler Brücken 1997 abgerissen.

Bf. Ruchsen (km 2,4)

Der Bahnhof Ruchsen ist die erste Betriebsstelle nach Möckmühl. Mit nur einem Ausweichgleis und nur wenig umstehenden Anlagen war er einer der kleinen Bahnhöfe der Jagsttalbahn, wobei er sogar eine Zeit lang mit zwei kleinen Rollbockgruben ausgestattet war. Das kleine Stationsgebäude wurde 1969 abgerissen, allerdings konnte die DGEG hierbei Baumaterialien für den ersten Lokschuppen-Neubau in Möckmühl gewinnen

Bf. Widdern (km 7,6)

Der Bahnhof Widdern gehört nicht mehr zu Möckmühl. Ab hier sind die Gleisanlagen bis Dörzbach im Wesentlichen erhalten. Sehr markant ist die Widderner Autobahnbrücke der A81, welche 1974 fertiggestellt wurde. 

Eisenbahntechnisch besteht der Bahnhof Widdern aus einem Ausweichgleis sowie einem, das Ausweichgleis verlängernde Stumpfgleis am Güterschuppen. Auch ein Bahnhofsgebäude ist vorhanden. Auf beiden Seiten schließt direkt ein Bahnübergang an. 

Der Bahnhof Widdern befindet sich in verhältnismäßig gutem Zustand, da dort vor vielen Jahren der Wiederaufbau begann, später aber durch einen Bürgerentscheid gestoppt wurde. Aktuell werden immer noch einige Teile im Bahnhof eingelagert.

Hst. Olnhausen (km 11,0)

Die Haltestelle Olnhausen verfügt nur über ein beidseitig angeschlossenes Ladegleis mit Laderampe. Auch hier stand ursprünglich ein kleines Stationsgebäude welches irgendwann in den sechziger Jahren entfernt wurde.

Bf. Jagsthausen (km 14,3)

Der Bahnhof Jagsthausen ist einer der größeren Bahnhöfe der Jagsttalbahn. Er verfügt über ein durchgehendes Hauptgleis, zwei Ausweichgleise, ein Stumpfgleis am Güterschuppen und 7 Weichen. Zwischendurch waren auch in Jagsthausen zwei Rollbockgruben mit kurzem Normalspurgleis vorhanden, sowie anschließend hieran ein weiteres Stumpfgleis mit dem niveaugleich von Schmalspurwagen in aufgebockte Normalspurwagen umgeladen werden konnte. Natürlich ist auch ein Bahnhofsgebäude vorhanden.

Die Anlagen des Bahnhofs Jagsthausen befinden sich in relativ gutem Zustand, das Empfangsgebäude ist bewohnt. 

Neben der Ortsdurchfahrt Jagsthausen steht ein zum Friseursalon umgebauter Wagen der einst auf der Rhätischen Bahn in der Schweiz fuhr.

Steinbruch Berlichingen (km 17,5)

Die Jagsttalbahn verläuft hier direkt neben dem Kalksteinbruch. Von hier wurde der für den Bahnbau benötigte Gleisschotter bezogen und für ein paar Jahre gehörte der Steinbruch sogar zur Bahngesellschaft (DEBG).
Einst war hier ein beidseitig angeschlossenes Ladegleis und eine Wasserstation mit kleinem Wasserhaus vorhanden.

Bf. Berlichingen (km 18,5)

Nach Jagsthausen wird als nächstes der Bahnhof von Berlichingen erreicht. Der Ort erlangte durch die historische Person “Götz von Berlichingen” und dem über ihn von Wolfgang Goethe verfassten Schauspiel große Bekanntheit. 
Der Bahnhof umfasst neben einem beidseitig angeschlossenen Ladegleis auch ein von Jagsthausen her angebundenes Stumpfgleis. Neben der bis heute vorhandenen Kopf- und Seitenrampe war dieses Stumpfgleis auch bis in die sechziger Jahre mit einer Rollbockgrube und kurzem Normalspurgleis ausgestattet. Direkt an das Stationsgebäude angebaut befindet sich der Güterschuppen, wodurch ein beschauliches Ensemble entstanden ist.

Wenige Meter nach dem Bahnhof befindet sich mit der Berlichinger Ortsdurchfahrt eine der besonders markanten Gleisanlagen der Strecke. Auf etwa 70 Metern verläuft die Bahntrasse unterhalb der St. Sebastian Kirche direkt auf der “Industriestraße”, durch den Ort. Es war früher sicherlich ein besonderes Schauspiel, wenn sich ein langer Rollbockzug auf engstem Raum durch den Ort schlängelte.

 

Bf. Schöntal (km 20,5)

Mit dem Kloster Schöntal erreicht die Jagsttalbahn den wohl bekanntesten Ort entlang der Strecke. Mit der prächtigen Klosteranlage in wunderschöner Landschaft ist und war Kloster Schöntal ein beliebtes Ausflugsziel.

Der Bahnhof Schöntal besteht aus dem durchgehenden Hauptgleis und einem Ausweichgleis. Ursprünglich war auch der Güterschuppen mit einem Stumpfgleis angeschlossen. Für den Museumsbetrieb wurden in den 80er Jahren in Schöntal ein kleiner Kohlebunker und ein Wasserkran errichtet. 

 

Das Bahnhofsgebäude von Schöntal wurde durch unser Vereinsmitglied und früheren Vorsitzenden Michael Rothenhöfer mustergültig renoviert. Im Erdgeschoss befindet sich das Restaurant “Duka's Bahnhof”. 
Einmal jährlich findet auf dem Bahnhofsgelände ein Gartenbahnfest auf der 5-Zoll Eisenbahn statt (siehe Termine auf der Startseite). 

"Haltepunkt" Bieringen Schulzentrum (km 23,0)

Der Haltepunkt befand sich unmitelbar vor dem eigentlichen Bahnhof. Er wurde 1973 unterhalb der damals neu gebauten “Max-Eyth-Schule” eigens für den Schülerverkehr eingerichtet. Benutzt wurde er nur bis zum Ende des Schülerverkehres 1979.

Am 29.04.1978 steht VT 303 mit einem Schülerzug am Haltepunkt. Im Vordergrund ist das Stellgewicht der ersten Weiche des Bahnhofs Bieringen zu sehen. Das abzweigende Gleis führt zur Rollbockgrube vor dem Lagerhaus.

Betrieblich handelt es sich nicht um einen Haltepunkt, der Bahnsteig gehört bereits zum Bahnhof Bieringen, dessen Trapeztafel etwa unterhalb der Schule steht.

Bf. Bieringen (km 23,2)

Mit dem Bahnhof Bieringen wird eine für den Bahnbetrieb wichtige Betriebsstelle mit interessanten Gleisanlagen erreicht. Erst einmal verfügt er über eine Grundausstattung mit beidseitig angeschlossenem Ausweichgleis, von dem ein Stumpfgleis zum Güterschuppen abzweigt. Des weiteren ist ein Normalspurgleis, welches an beiden Enden eine Rollbockgrube besitzt vorhanden. Es führt zum großen landwirtschaftsgenossenschaftlichen Lagerhaus. Dieses steht an der westlichen Bahnhofseinfahrt hinter dem Bahnübergang über die “Max-Eyth-Straße”. Aufgrund diesen Umstandes war der Bahnübergang mit je einem normal- und schmalspurigen Gleis ausgeführt. Außerdem wurde 1931 ein kleiner Lokschuppen aus Bruchstein gebaut, an den ein kleiner Schuppen der einst in Bieringen ansässige Bahnmeisterei anschließt.

In dem Lokschuppen steht seit der Betriebseinstellung, trocken und sicher unser VT 300 und wartet darauf in hoffentlich naher Zukunft mal wieder etwas Auslauf zu bekommen. Im Bahnhofsgelände stehen außerdem noch hauptsächlich Güterwagen, für die im Dörzbacher Bahnhof leider aktuell kein Platz mehr ist.

Der Bahnhof 1982 in Blickrichtung Möckmühl. Im Hintergrund ist gut das große BAG-Lagerhaus zu erkennen. Außerdem zeigen die vielen Gleisbaumaterialien eindeutig den Standort der Bahnmeisterei.

Bf. Westernhausen (km 26,0)

Der Bahnhof Westernhausen besteht wie so viele Bahnhöfe entlang der Strecke aus dem durchgehenden Hauptgleis und einem beidseitig angebundenen Nebengleis. Zusätzlich hat er noch ein Stumpfgleis mit Kopf- und Seitenrampe. Seit 1911 war hier auch ein Wasserkran vorhanden, der nach der Betriebseinstellung abgebaut wurde.

Das Wartehäuschen wurde abgerissen und durch ein Buswartehäuschen ersetzt.

Die Winzenhofener Jagstbrücke

Vor dem Bahnhof Winzenhofen befindet sich die einst, neben der Möckmühler, zweite Jagstbrücke. Noch vor der eigentlichen Jagstquerung ist ein 24 Meter lange Vorflutbrücke. Die folgende zweiteilige Jagstbrücke hat eine Gesamtlänge von 66 Metern. 
Sie ist die einzige heute noch vorhandene große Brücke der Jagsttalbahn.

Die Brücke im heutigen Zustand.

Bf. Winzenhofen (km 28,1)

Der Bahnhof Winzenhofen war seit jeher eine eher unbedeutende Betriebsstelle. Ende der Sechziger wurde auf der Ladestraße ein Tanklager errichtet. Später wurde die Weiche des Ladegleises auf Möckmühler Seite entfernt.

Bf. Marlach (km 29,5)

Der Bahnhof Marlach besteht aus dem Streckengleis und einem beidseitig angebundenen Anschlussgleis. Das kleine Stationsgebäude mit angebautem Güterschuppen ist auch heute noch vorhanden.

Bf. Gommersdorf (km 31,0)

Der Bahnhof Gommersdorf verfügte über ein Ausweichgleis und ursprünglich noch über ein Stumpfgleis. Dieses wurde irgendwann in den Sechzigern zusammen mit dem kleinen Stationsgebäude abgerissen.

Leider existieren von dort kaum Bilder aus Betriebszeiten. Stellvertretend dafür hier das Bild eines Güterzuges aus Dörzbach kommend kurz vor dem erreichen des Bahnhofes. Am 29.08.1981 war die heute parallel zur Strecke verlaufende Gommersdorfer Umgehungsstraße noch nicht gebaut.

Bf. Krautheim (km 33,5)

Nun wird als letzte größere Betriebsstelle vor Dörzbach Krautheim erreicht. Der Bahnhof wurde mehrfach verändert und umgebaut. Zuletzt bestand er aus einem Ausweich-, einem Stumpfgleis und einem beidseitig angebundenem Ladegleis am BAG-Lagerhaus.
Die Stadt ist auch für die Namensgebung unserer Lok 24² verantwortlich, welche von 1967 bis 2000 auf dem Bahnhofsgelände als Denkmal stand. Erst dort erhielt sie nämlich ihren Namen “Kunigunde von Crutheim”.

Ab Krautheim bis Dörzbach wurde die Strecke abgebaut, da um die Jahrtausendwende die Hoffnung bestand mit Hilfe von Fördergeldern diesen Streckenteil zu reaktivieren. Da es Uneinigkeiten bezüglich der Finanzierung des Eigenanteils gab, kam dies leider nicht zu Stande.

Anschluss Firma Wöhrle (km 33,9)

1958 wurde das Anschlussgleis für die Metallwarenfabrik Wöhrle errichtet. Das Schmalspurgleis zweigte von Dörzbach kommend ab und endete in einer Rollbockgrube. Ein Normalspurgleis führte noch bis in die Werkshalle hinein.

V 22-01 bedient am 15.04.1978 den Anschluss. Der restliche Zug wurde währendessen auf dem Streckengleis abgestellt.

Hst. Assamstadt-Horrenbach (km 35,4)

Von 1917 bis vermutlich 1951 zur Einstellung des Personenverkehres bestand dieser Haltepunkt. Stark frequentiert wird er wohl nie gewesen sein, da es bis zu den Dörfern Horrenbach 1,7 km und Assamstadt ca. 5 km waren.

Bf. Klepsau (km 37,0)

Der Bahnhof Klepsau verfügt über ein beidseitig angebundenes Ladegleis, welches später seine Anbindung von Dörzbacher Seite her verlor. Auch das Stationsgebäude dürfte recht früh wieder abgerissen worden sein.

Unser aktuelles Bestreben ist es von Dörzbach bis Klepsau eine Museumsbahn zu errichten. Eine weitere Verlängerung ist natürlich wünschenswert und bleibt nicht ausgeschlossen!

Bf. Dörzbach (km 39,1)

Bei Kilometer 39,1 ist der Endbahnhof Dörzbach erreicht. Die Anlagen sind für einen Endbahnhof nicht gerade üppig, was vor allem daran liegt, dass ursprünglich eine Verlängerung nach Bad Mergentheim angedacht war.
Die Gleisanlagen des Bahnhofs Dörzbach bestehen aus dem durchgehenden Hauptgleis, drei Nebengleisen (eines davon mit Laderampe und Güterschuppenanbindung) und dem Anschlussgleis zum Lagerhaus der BAG (wurde nicht wieder aufgebaut). Am östlichen Bahnhofsende befindet sich der zweigleisigen Lokschuppen, der bis 1933 durch eine kleine Drehscheibe, seitdem über Weichen angebunden ist. Daneben, am Ende des Hauptgleises steht das eingleisige Reparaturhaus.
Im Bahnhofsgebäude war im ersten Stock die Dienstwohnung des Betriebsleiters sowie im Erdgeschoss der Warteraum, die Verwaltung sowie der Fahrkartenschalter untergebracht. Am Empfangsgebäude ist der Güterschuppen angebaut, welcher nachträglich noch um die sogenante Milchzentrale erweitert wurde.

Der Bahnhof Dörzbach ist heutzutage Vereinssitz und damit Dreh- und Angelpunkt der Reaktivierungsarbeiten.  Im Empfangsgebäude befindet sich mitlerweile im Erdgeschoss eine Veranstaltungsküche, der Warteraum kann für Veranstaltungen genutzt werden. Im 1. Stock sind ein Aufenthalts-, ein Schlafraum, eine kleine Küche, sowie ein Büro für die aktiven Vereinsmitglieder eingerichtet.

Lokschuppen und Reparaturhaus werden als Abstellort für unsere aufgearbeiteten Fahrzeuge genutzt, um Vandalismusschäden zumindest an den aufgearbeiteten Fahrzeugen zu verhindern.

Neben dem Lokschuppen wo heute die ehemalige Bushalle steht, befand sich zuvor der Kohlebunker. Der Lokschuppen beinhaltet eine gut ausgestatte Werkstatt, im Reparaturhaus befindet sich seit ungefähr 1932 eine 1909 gebaute Achsdrehbank. Lokschuppen und Reparaturhaus sind jeweils mit einer Grube ausgestattet.